Conviviality in Motion

"Bo-Kaap, Cape Town" by neiljs is licensed under CC BY 2.0

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Exploring Theologies and Practices in Multiethnic Christian Congregations in Europe

Die öffentlichen Diskurse der letzten Jahre um Religion, Migration und Pluralisierung der Gesellschaften in Europa setzen häufig ein (negativen) Schwerpunkt auf die Rolle und Bedeutung des Islam. Migration und Pluralisierung als Themen der christlichen Gemeinschaften kamen, wenn überhaupt, mit einem diakonisch-karitativen Schwerpunkt in den Blick. Das Forschungsprojekt «Conviviality in Motion» möchte den Blick auf christliche Diversität produktiv erweitern. Es nimmt in fünf Teilprojekten christliche Gemeinschaften in den Blick, in den Christ:innen der ganzen Welt, mit unterschiedlichen Traditionen, Sprachen und Lebenserfahrungen geschwisterlich zusammen leben und feiern. Es untersucht, welche Theologien und Praktiken die Konvivialität dieser Gemeinschaften hervorbringen, welche Expertise sie hinsichtlich der Aushandlungen und Verhandlungen von Konflikt erworben haben und wie es ihnen gelingt, ein Gefühl der Zusammengehörigkeit zu erzeugen. Im Fokus stehen Gemeinschaften, die eine lange Erfahrungsspanne aufweisen, einem Modell der geteilten Leitung («shared leadership») folgen und als Pionierinnen und Expertinnen für das Gebiet des interkulturellen Lebens verstanden werden.

Als internationales Forschungsprojekt werden Gemeinschaften in der Schweiz, in Italien und Deutschland untersucht. Dabei weisen die unterschiedlichen Standorte nicht nur im internationalen Vergleich verschiedene Profile auf, sondern stehen auf lokal und national in kontrastierenden Zusammenhängen. Sie bilden ein breites Spektrum protestantischer Gemeinschaften ab, die sich hinsichtlich institutioneller-organisationeller Strukturen, ökonomischer Ressourcen und gesellschaftlicher Wahrnehmung voneinander unterscheiden.

Das Forschungsprojekt erweitert die Frage nach Theologien und Praktiken interkultureller Konvivialität um die Dimension der interreligiösen Beziehungen mit besonderem Blick auf die christlich-muslimischen Verbindungen der Gemeinden und die Dimension politischer Theologien als Ausdruck der Verbindung von Theologie und Gesellschaft.

Schweiz: "Unbedingte Konvivialität? Austauschdynamiken in multilingualen Gemeinden in prekären Kontexten"

Switzerland

"Switzerland" by T@H!R - طاھر is licensed under CC BY-NC-ND 2.0

Tabea Eugster-Schaetzle

Im Fokus der Schweizer Studie steht die Frage, wie in (super)diversen Gemeinden Zusammengehörigkeit entsteht angesichts von unterschiedlichen Lebenssituationen. Folgende Fragen können dabei relevant sein: Wie wirkt es sich auf den Gottesdienst aus, wenn einige Gemeindeglieder einen unsicheren Aufenthaltsstatus haben? Wie sind Personen, die aufgrund einer Wegweisung oder Abschiebung das Land verlassen mussten in der Gemeinschaft noch präsent? Wie begegnen Gemeinden den Bedürfnissen nach «Heimat auf Zeit» von Menschen im laufenden Asylverfahren? Wie werden die unterschiedlichen Möglichkeiten der Mitglieder in Bezug auf gesellschaftliche Partizipationsmöglichkeiten, Privilegien, ökonomischen Ressourcen etc. thematisiert – oder eben nicht?
Grundlage der Arbeit bildet eine empirische Studie in zwei Gemeinden, die das gemeinsame Anliegen für Migrationssensibilität verbindet, die aber strukturell und konfessionell unterschiedliche Profile aufweisen. Insbesondere werden die gemeinsamen Linien und je eigenen Positionen im Hinblick auf die Theologien und Praxen der Konvivialität untersucht.  

Italien: «Essere Chiesa Insieme»: konviviale Praktiken und Theologien der methodistisch-waldensischen Union in diachroner und synchroner Perspektive

Flag Italy

"Italian flag #1" by Ed Yourdon is licensed under CC BY-NC-SA 2.0

Luca Ghiretti

Das Teilprojekt wird einen Schwerpunkt auf eine diachrone Perspektive setzen, die den Prozess einer Kirchen-Union, die einen Öffnungsprozess zu einer multiethnischen Kirche durchläuft, vor Hintergrund der sich verändernden staatlichen Migrationspolitik betrachtet. Die Union der Methodistischen und der Waldensischen Kirche in Italien ist eines der herausragenden Bespiele in Europa dafür, wie ein normatives Programm eines gemeinsamen Kirche-Seins vermittelt, umgesetzt, revidiert und neu kommuniziert wurde.

 

 

Deutschland: "Gelebte Utopie"

Germany Flag

"Flag of Germany" by Tobi NDH is licensed under CC BY-NC-SA 2.0

Lisa Ketges

Das Teilprojekt unter dem Titel "Gelebte Utopie. Beiträge zu einer diversitätssensiblen praktisch-theologischen Ekklesiologie" arbeitet mit zwei deutschen Gemeinschaften, die langjährige Erfahrung im Bereich der interkulturellen Arbeit, dem Umgang mit strukturellen und inhaltlichen Herausforderungen und geteilten Leitungsstrukturen haben.

Die beiden Gemeinschaften präsentieren sich mit je eigenem Profil: im urbanen und im ländlichen Kontext, im landeskirchlichen Setting und auf der Schnittstelle zwischen Institutionsverbundenheit und Unabhängigkeit.

In der Arbeit mit den zwei Gemeinschaften sind mit Blick auf das Gesamtprojekt Fragen nach Theologien und Praktiken des Zusammenlebens zu stellen. Darüber hinaus werden drei Handlungsfelder in den Blick genommen: 1) die musikalische Arbeit, 2)  die Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsene, 3) Gottesdienstformate und Liturgie.

Querschnitts-Studie: Interreligiöse Perspektiven der Konvivialität

Claudia Hoffmann

Mit diesem empirischen und vergleichenden Forschungsprojekt werden Praktiken und Kommunikationsformen in interreligiösen Kontaktzonen in sechs sogenannt interkulturellen Gemeinden in der Schweiz, in Deutschland und in Italien erforscht.

Ziel dieser Studie ist es, eine dichte Beschreibung von solchen Kontaktzonen zu bieten, die einige interreligiöse Perspektiven auf Konvivialität zeigt. Es wird aufgezeigt, wie religiöse Diversität und Zugehörigkeit wahrgenommen und ausgehandelt werden. Ebenfalls werden durch diese Studie konviviale Theologien – wo vorhanden –  sichtbar, die sich in Texten, Symbolen, Bildern und Ritualen ausdrücken.

Um mehr über diese Kontaktzonen zu erfahren, greife ich einerseits auf Daten der Einzelstudien zu, andererseits führe ich Interviews mit unterschiedlichen Menschen der Gemeinden durch, die sich in irgendeiner Form in einer interreligiösen Kontaktzone aufhalten. Folgende Fragen werden dabei wichtig sein: Wie werden Zugehörigkeit und Grenzen ausgehandelt? Welche Rolle spielen Konflikte?

Durch eine komparative Analyse der verschiedenen Kontaktzonen werden Brennpunkte in jeder Gemeinde herausgearbeitet, was zu generalisierbaren Schlussfolgerungen führt.

 

Querschnitts-Studie: Theologien und Politik

Andrea Bieler

Die zweite Querschnittsstudie wird zum einen die Ergebnisse der gesamten empirischen Arbeit der Forschungsgruppe zusammenführen, um das Konzept "Conviviality in Motion" weiterzuentwickeln. Dabei ist von Bedeutung, die gemeinsamen Ergebnisse in einer komparativen Zusammenschau herauszuarbeiten. Weitergehend verbindet die Studie diese Ergebnisse mit  der theologischen Aufgabe, eine Ekklesiologie, die sensibel für ethnische Diversität ist, zu entwickeln.

Zum anderen legt die Studie einen Schwerpunkt auf die Frage, inwieweit und auf welche Art und Weise die operierenden Theologien Aspekte der Konvivialität in strukturelle und politische Belange eintragen. Wie kommen politische Aspekte in der religiösen Symbolik und Kommunikation vor? Wie werden Migrationspolitik, ökonomisches Ungleichgewicht oder Erfahrungen sozialer Marginalisierung und Rassismus als Themen theologischer und politischer Reflexion und Handlungen aufgegriffen? Welche Rolle spielt Konvivialität bei solchen Überlegungen?

Beide Perspektiven tragen zur übergeordneten Frage nach Theologien und Praktiken des Zusammenlebens von einer Innen- und einer Aussenperspektive bei.

Projektpartnerin

Als externe Projektpartnerin unterstützt Dr. Eva Baumann-Neuhaus vom Schweizerischen Pastoralsoziologischen Institut in St. Gallen das Projektteam in der empirischen Forschung.