Alttestamentlich-semitistisches Kolloquium

Frühlingssemester 2025

Igelskaraboid aus gebranntem Steatit, 16.0 mm (L) × 11.0 mm (W) × 6.0 mm (H); Megiddo, Grab 5259 (= Stratum XII, Mittelbronzezeit II, Mitte 19. bis Ende  18. Jh. v.u.Z.)

Igelskaraboid aus gebranntem Steatit, 16.0 mm (L) × 11.0 mm (W) × 6.0 mm (H); Megiddo, Grab 5259 (= Stratum XII, Mittelbronzezeit II, Mitte 19. bis Ende 18. Jh. v.u.Z.); © Stefan Münger

“Mache eine Blume aus reinem Gold, und graviere darein, wie bei einem Siegel” (Ex 28:36) — Zur Siegelschneidekunst im alten Israel und bei seinen Nachbarkulturen

Prof. Dr. Stefan Münger, Universität Bern

Der Vortrag stellt die Ergebnisse des Sinergia-Projekts Stamp Seals from the Southern Levant: A Multi-Faceted Prism for Studying Entangled Histories in an Interdisciplinary Perspective vor, das von 2020 bis 2024 vom Schweizerischen Nationalfonds gefördert und in Kooperation mit den Universitäten Zürich, Tel Aviv und Bern durchgeführt wurde. Im Fokus steht die zentrale Rolle von Stempelsiegel-Amuletten als Primärquellen für die Rekonstruktion der Wirtschafts-, Technologie-, Kultur- und Religionsgeschichte der südlichen Levante. Der Beitrag beleuchtet zudem die methodischen Ansätze des Projekts und stellt die neu erschlossenen, online frei zugänglichen und weltweit einzigartigen Forschungsdaten vor, die eine fundierte Auseinandersetzung mit der Glyptik der Region ermöglichen und weiter fördern sollen.

Mittwoch, 9. April 2025, 18.15 Uhr | Theologie, Grosser Seminarraum 002, Nadelberg 10, 4051 Basel

Gibt es die Möglichkeit der Umgehung von Auge um Auge, Zahn um Zahn bei einem rechtlichen Spezialfall? Überlegungen zur Erzählung von der weisen Frau aus Tekoa in 2. Sam 14

Dr. Lida Leonie Panov, Universität Zürich

Die Erzählung in 2. Sam 14 thematisiert einen rechtlichen Spezialfall: Wenn eine Tötung geschieht, erfolgt gemäss biblischem Verständnis die Anwendung des Talionsgesetzes. Der Täter wird durch die Sippe, der der Getötete angehörte, gerächt und erfährt seinerseits den Tod. Wenn es sich allerdings beim Täter um den Bruder des Opfers handelt, gehört der Täter selber zur geschädigten Gruppe. Die Erzählung von der weisen Frau aus Tekoa in 2. Sam 14 setzt sich intensiv mit diesem Dilemma auseinander und versucht auf folgende Fragen eine Lösung zu finden: Gibt es unter besonderen Umständen die Möglichkeit, dass das Talionsgesetz umgangen wird? Gibt es andere rechtliche Bestimmungen, die im Kontext eines rechtlichen Spezialfalls dem Talionsgesetz überzuordnen sind?

Mittwoch, 7. Mai 2025, 18.15 Uhr | Theologie, Grosser Seminarraum 002, Nadelberg 10, 4051 Basel

Portrait Lida Panov

© Universität Zürich

Portrait Anselm Hagedorn

© Universität Osnabrück

Als Frau nachts allein unterwegs in der Stadt. Hohelied 3,1-5 und die (hellenistischen) Gynaikonomoi – ein Vorschlag

Prof. Dr. Anselm Hagedorn, Universität Osnabrück

Das Hohelied ist eine Sammlung hebräischer Liebeslieder, in denen auch weibliche Stimmen zu Wort kommen. Hld 3,1–5 und 5,2–8 sind die einzigen Gedichte der Anthologie biblischer Liebeslieder, die ein urbanes Setting haben. Beide Male begegnen wir der Frau, die allein nachts in der Stadt nach ihrem Geliebten sucht. Während diese nächtliche Unternehmung in Hld 5 in einer Szene der Gewalt mündet, scheint Hld 3,1–5 es für "normal" zu erachten, dass Frauen nachts unterwegs sind. Im Vergleich mit griechischen Inschriften und Texten soll gezeigt werden, dass Hld 3,1–5 vielleicht schon dem in hellenistischer Zeit aufkommenden Umstand Rechnung trägt, dass Frauen sich vermehrt auch nach Einbruch der Dunkelheit in der Öffentlichkeit bewegen. Dass beide Passagen in die Anthologie aufgenommen wurden zeigt, dass eine Unsicherheit besteht, was die Stadt als Ort der Liebe anbelangt.

Mittwoch, 21. Mai 2025, 18.15 Uhr | Theologie, Grosser Seminarraum 002, Nadelberg 10, 4051 Basel